Knicks – das sind nicht etwa modische Accessoires oder Sportverletzungen, sondern echte Multitalente der schleswig-holsteinischen Kulturlandschaft.
Diese jahrhundertealten Feldgehölze prägen nicht nur das Bild unserer Landschaft, sie sind auch gesetzlich geschützte Biotope. Ihre Nutzung ist stark eingeschränkt – zu Recht: Sie bieten Lebensraum für unzählige Tiere, schützen vor Wind und Wassererosion und helfen dabei, das Mikroklima zu stabilisieren.
Doch wie kann diese uralte Form der Landschaftsgestaltung weitergedacht werden – zukunftsorientiert, klimaresilient und wirtschaftlich sinnvoll? Eine Antwort lautet: Agroforstwirtschaft.
Agroforst – mehr als nur Bäume auf dem Acker
Agroforstsysteme integrieren gezielt Bäume und Sträucher in die landwirtschaftliche Nutzung – meist in linienhafter Pflanzung auf Wiesen oder Ackerflächen. Das bringt gleich mehrere Vorteile mit sich:
- Wind- und Erosionsschutz - Kurz gesagt: Die Erde dort bleibt, wo sie gebraucht wird, nämlich auf dem Acker. Auch die Tiere und Pflanzen werden dadurch nicht so von Stürmen drangsaliert.
- Förderung der Biodiversität - Das bedeutet, dass die Nahrungskette wieder vielfältiger wird und eher einem Buffet gleicht, anstatt einer Notration.
- Kohlenstoffbindung - Kohlen, was? Wir haben zu viel Kohlenstoff in die Luft gepustet – das heizt das Klima auf. Um gegenzusteuern, muss der Kohlenstoff wieder zurück in den Boden. Genau das leisten Bäume.
- Klimaanpassung und erhöhte Resilienz - Damit ist gemeint: Widerstandsfähigkeit gegen Starkwetterereignisse wie z. B. Stürme, Dürre oder Starkregen. Mit ausreichend Gehölzen hofft man, die Folgen extremer Wetterlagen abzumildern – und damit die Ernten zu sichern.
- Mehr Photosynthese – mehr Stoffwechsel für die Pflanzen auf dem Feld sorgt für bessere Luft und mehr Ernte für uns alle.
- Neue Nutzungsebenen für Früchte, Holz oder Tierhaltung - wie klasse es ist, wenn anstatt nur einer "Kuhweide" auch ein oder mehrere andere Ernten möglich sind.
Ein Paradebeispiel für diese zukunftsweisende Landwirtschaft ist das Modell- und Demonstrationsvorhaben auf dem Eichhof der Familie Rieckens in Großbarkau, unter Leitung von Nicole Maack und in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Fachverband für Agroforstwirtschaft (DeFAF). Gefördert vom Klimakompetenzzentrum klimaeffiziente Landwirtschaft (MLLEV), wird hier nicht nur gepflanzt, sondern auch geforscht, dokumentiert und der Erfahrungsaustausch aktiv gefördert – etwa auf Instagram (@agroforst_sh) oder bei Veranstaltungen vor Ort. Das Ziel: Ein praktischer Leitfaden für andere Höfe, wissenschaftlich fundiert und wirtschaftlich durchdacht.
Und die Vorteile gelten nicht nur für die große Fläche: Auch im eigenen Garten können ein paar gut platzierte Bäume wahre Wunder wirken – als Schattenspender, Wasserspeicher, Lebensraum und Windschutz. Wer also das nächste Mal ein Bäumchen entdeckt, das vielleicht ein Eichhörnchen "aus Versehen" gesetzt hat, darf gern zweimal überlegen, bevor er zur Schaufel greift. Manchmal pflanzt die Natur klüger, als wir denken.
Politischer Rückenwind dringend nötig
Doch so ambitioniert viele Betriebe bereits sind – ohne politische Unterstützung bleibt großflächige Gehölzpflanzung die Ausnahme. Darauf macht aktuell eine Petition von DeFAF, FöbL und BÖLW aufmerksam. Ihr Ziel:
100 Millionen neue Bäume und 100.000 km Hecken – sowie verbindliche Standards für Pflanzung und Pflege. Bereits über 8.400 Menschen haben unterschrieben. Doch es braucht noch viele mehr, um in Berlin Gehör zu finden. Denn der Klimawandel wartet nicht – und unsere Lebensmittelversorgung auch nicht.
Frankreich zeigt, wie’s gehen kann: Mit dem „Heckenpakt“ fließen dort über 100 Millionen Euro in 50.000 Kilometer Hecken bis 2030. Warum nicht auch bei uns?
👉 Jetzt unterzeichnen: weact.campact.de, Titel der Kampagne: "Gegen Wassermangel: Bäume und Hecken auf die Äcker!"
👉 Mehr Infos: baumland-kampagne.de
Einladung: Agroforst live erleben
Wer selbst plant oder sich inspirieren lassen möchte, ist herzlich eingeladen zum Workshop „Planung von standortangepassten Agroforstsystemen“ am 3. Juni 2025 in Kropp. Mit dabei: Planer Birger Paulsen vom Büro Triebwerk, ein Impuls vom Hof Fuhlreit, Fachführung zu realisierten Systemen wie dem Ackerpappelsystem und einem Hühnerauslauf mit Gehölzstruktur, dazu ein Mittagsimbiss und viel Gelegenheit zum Austausch.
Denn klar ist: Gehölzstrukturen dürfen nicht nur schöne Erinnerungen an die Kindheit oder Spaziergänge auf dem Land bleiben – sie sind Teil einer Landwirtschaft der Zukunft. Und die beginnt jetzt.
Und daran möchten wir mit BobenOp mitwirken. Als Initiatoren des Vorgängerprojekts bringen wir weiterhin Impulse und Erfahrung ein – für eine Landwirtschaft mit mehr Struktur, mehr Natur und mehr Zukunft.
Text von Ann-Christin Lange (BobenOp Klima- und Energiewende e. V.)