Rückblick: Humusfachtag am 04.11.2024

Humus-Fachtag Schleswig-Holstein: Perspektiven für Bodengesundheit und Klimaschutz

Am 4. November 2024 fand in Nortorf der Humusfachtag Schleswig-Holstein statt – eine Veranstaltung, die Landwirt*innen, Wissenschaftler*innen und Expert*innen aus Landwirtschaft und Politik zum Austausch über Humusaufbau und Bodengesundheit zusammenbrachte. Ziel war es, innovative Strategien für die Förderung des landwirtschaftlichen Mikrobioms und der Bodenfruchtbarkeit zu diskutieren, die nicht nur für die Produktivität, sondern auch für den Klimaschutz relevant sind.

Eröffnungsgrußworte: Klimawandel und Netzwerkarbeit

Christoph Thomsen eröffnete den Tag mit einem herzlichen Grußwort, in dem er sich bei allen Beteiligten und dem Bundesumweltministerium für die Unterstützung des Projekts bedankte. Thomsen hob die Bedeutung des Humusaufbaus für die landwirtschaftliche Praxis hervor und stellte das Humusreich-Projekt vor, das er gemeinsam mit Henning Knutzen, Nicole Maack und Sandra Winter leitet.

Anschließend betonte Thorsten Reinsch vom Klimakompetenzzentrum die Bedeutung von Netzwerken wie dem Humusreich-Netzwerk für den Klimaschutz und die Bodenverbesserung. In seinem Grußwort unterstrich er die enormen Kosten des Klimawandels und wie wichtig es sei, durch solche Netzwerke Synergien zu schaffen, um gemeinsam nachhaltige Lösungen zu entwickeln.

Moderation des Fachtags

Nach den Grußworten übernahm Ralph Hohenschurz-Schmidt, Leiter der Abfallwirtschaft Rendsburg-Eckernförde GmbH (AWR), die Moderation des Fachtags. Mit seiner langjährigen Erfahrung in nachhaltiger Abfallbewirtschaftung und Recycling, führte er strukturiert und kompetent durch das Programm und sorgte dafür, dass die Teilnehmer*innen sich aktiv an den Diskussionen beteiligen konnten.

Wissenschaftliche Fachvorträge am Vormittag

Den Vormittag gestalteten mehrere Fachvorträge, die sich mit sozialen, ökologischen und agrarwissenschaftlichen Themen beschäftigten. Prof. Georg Guggenberger von der Universität Hannover betonte in seinem Vortrag die historische und ökologische Bedeutung der Bodenfruchtbarkeit und verwies auf den Zusammenhang zwischen Humusverlust und dem Untergang ganzer Gesellschaften. Er stellte die Rolle von Zwischenfrüchten als Beitrag zur Lösung der Biodiversitäts- und Klimakrise vor und plädierte für Ausgleichszahlungen für Landwirt*innen, die Zwischenfrüchte anstelle von Schwarzbrache anbauen.Dr. Adrian Wolfgang von der Technischen Universität Graz präsentierte das Konzept One Health, das die Verknüpfung der menschlichen Gesundheit mit der Bodengesundheit betont. Er hob hervor, dass gesunde mikrobiologische Kreisläufe nicht nur zur Bodenstabilisierung beitragen, sondern auch gesundheitliche Vorteile bieten. Zudem stellte er künstliche Huminstoffe vor, die durch hydrothermale Humifizierung in gleichbleibender Qualität hergestellt werden und die Bodengesundheit verbessern können.Simon Lensch stellte das AKHWA Projekt vor, das Langzeitstudien zur regenerativen Landwirtschaft seit 2012 durchführt. Er berichtete, dass durch regenerative Praktiken der Humusgehalt der Böden steigt und die Bodenstabilität zunimmt, aber auch Herausforderungen wie Ertragsschwankungen bei Winterweizen auftreten können. Ante Koch stellte das Gutachten KLA-SH vor, das sich mit klimaangepassten Strategien für die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein beschäftigt. Ziel des Gutachtens ist es, sensible Regionen zu identifizieren und gemeinschaftlich mit den Stakeholdern effektive Anpassungsmaßnahmen zu entwickeln.

Nachmittagsvorträge: Praxiserfahrungen und regenerative Ansätze für die Landwirtschaft

Am Nachmittag gab es mehrere Kurzvorträge und praktische Einblicke, die sowohl wissenschaftliche Erkenntnisse als auch betriebliche Erfahrungen in der regenerativen Landwirtschaft beleuchteten. Zunächst wurde der Humus-Leitfaden 2.0 vorgestellt, der eine Zusammenfassung des Wissens aus den letzten 3 Jahren humusreich Netzwerk bietet und nun auf der Webseite des Vereins Boben Op zum Download und in gedruckter Form verfügbar ist. Der Leitfaden bietet praktische Empfehlungen für den Humusaufbau und wurde an die Teilnehmenden des Humus-Fachtags verteilt.Anschließend stellte Alexandra Werdes den Verein "Die Heckenretter" vor und erläuterte die ökologischen und gesundheitlichen Vorteile von Heckenlandschaften. Sie betonte, dass Hecken auf Hektar gerechnet bis zu 180 Tonnen Kohlenstoff speichern können, von denen etwa 30 Prozent dauerhaft im Boden gebunden bleiben. Zusätzlich tragen Hecken zur Stressreduzierung bei und bieten wirtschaftliches Potenzial, etwa durch die Produktion von Hackschnitzeln und Superfoods. Der Verein hat inzwischen über drei Kilometer neue Hecken angelegt und hob dabei auch die traditionellen Knicks in Schleswig-Holstein hervor.Thomas Hellmann von EM Nord berichtete in einem weiteren Kurzvortrag über seine Erfahrungen mit der Aufbereitung von Wirtschaftsdüngern und der Rottelenkung mithilfe effektiver Mikroorganismen. Diese Mikroorganismen tragen zur gezielten Zersetzung organischen Materials bei und fördern so den Aufbau von Humus, was insbesondere für landwirtschaftliche Betriebe von großem Interesse ist.Roland Heidemann stellte das LandRing-Konzept LandwirtschaftPlus vor, das in Zusammenarbeit mit dem SoilValue-Projekt umgesetzt wird. In diesem Konzept werden Biogasanlagen und Milchviehbetriebe zu einem Kreislauf verbunden, wobei Feststoffe aus den Milchviehbetrieben abgepresst werden und in der Biogasanlage Mais ersetzen können. So entsteht zusätzliche Anbaufläche, die für Hülsenfrüchte zur Eiweißversorgung der Milchkühe genutzt werden kann. Heidemann wies auch auf das Potenzial hin, Rohbiogas zu erzeugen, das zur Energieversorgung ganzer Städte dienen könnte. Ein Zusammenschluss mehrerer Biogasanlagen eröffnet dabei eine zukunftsweisende Möglichkeit zur regionalen Energieversorgung.

Erfahrungsberichte aus der Praxis

Dr. Sonja Dreymann, Expertin für regenerative Landwirtschaft, berichtete von ihren Erfahrungen aus der Beratung und von ihrem eigenen Betrieb. Sie schilderte eindrucksvoll, wie ein Boden, der erst zwei Jahre in regenerativer Bewirtschaftung war, in der Lage ist, 80 Liter Wasser auf einmal zu absorbieren, ohne zu erodieren. Ihre Beobachtungen unterstreichen das Potenzial regenerativer Methoden zur Verbesserung der Wasserspeicherung und Bodenstabilität.Axel Vohwinkel präsentierte innovative Strategien zur Bodenbewirtschaftung und motivierte die Teilnehmer*innen, neue Methoden der regenerativen Landwirtschaft weiterzuführen, auch wenn gelegentlich Herausforderungen auftreten. Er berichtete aus seiner Erfahrung in der landwirtschaftlichen Beratung und ermutigte dazu, aus Fehlern zu lernen und auf die langfristigen Vorteile zu vertrauen.Aus dem Humusreich Netzwerk sind auch noch zwei Betriebe auf die Bühne gekommen und konnten von ihren Erfahrungen berichten. John Per Autzen berichtete über seinen Bio-Schweinebetrieb, den er gemeinsam mit Andreas Abild führt. Er setzt regenerative Landwirtschaft auf seinen Flächen um und nutzt Bodenuntersuchungen nach Albrecht und Kinsey, um die Bodengesundheit zu analysieren und zu verbessern. Autzen teilte sowohl positive Erfahrungen als auch Herausforderungen, etwa bei der Nutzung von Untersaaten, die bei der Ernte teils erhebliche Schwierigkeiten bereiteten.Anika Schlüter präsentierte ihren Pferdebetrieb mit Pensionspferdehaltung und Kinderpädagogik. Sie erklärte, dass sie seit über zehn Jahren Produkte der Firma Plocher einsetzt und sehr zufrieden damit ist. Sie wendet außerdem Methoden an, die sie im Humusreich-Projekt kennengelernt hat, um die Bodenqualität und die ökologischen Bedingungen in ihrem Betrieb weiter zu verbessern.

Ausblick: Zukunft des Humusreich-Projekts

Zum Abschluss gab Nicole Maack einen Ausblick auf die Zukunft des Humusreich-Projekts und stellte vor, wie das Projekt weitergeführt und ausgebaut werden könnte.  Zudem hatte sie zusammen mit Sandra Winter eine Umfrage mit konkreten Fragen und Impulsen gestartet, bei dem die Teilnehmer interaktiv abstimmen konnten, wie und in welchem Umfang es weitergehen kann.  So wird an dem langfristigen Ziel, die Bodenfruchtbarkeit in der Region durch regenerative Ansätze nachhaltig zu stärken und das Netzwerk am Leben zu halten, festgehalten.

Zukunftsweisende Ansätze für Schleswig-Holsteins Landwirtschaft

Der Humusfachtag zeigte eindrucksvoll, wie innovative Ansätze in der Landwirtschaft – vom Humusaufbau bis zur Förderung des Mikrobioms – zur Bodenfruchtbarkeit und zur CO₂-Speicherung beitragen können. Diese Maßnahmen sind entscheidend für die Bodengesundheit und den Klimaschutz und zeigen, wie eng Landwirtschaft und nachhaltige Entwicklung verknüpft sind.